Mongolische Jurte: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Jurte''' ([[Türkische Sprache|türkisch]]: ''Yurt'' = Heim) ist das traditionelle [[Zelt]] der [[Nomade]]n in West- und [[Zentralasien]]. Besonders verbreitet ist sie in der [[Mongolei]] und in [[Kasachstan]]. Von der Jurte und dem daraus gebildeten [[Heerlager]] leitet sich auch die deutsche Bezeichnung [[Horde]] für umherziehende (kriegerische) Völkerschaften ab, wie beispielsweise die [[Goldene Horde]].
Die '''Jurte''' ([[Türkische Sprache|türkisch]]: ''Yurt'' = Heim) ist das traditionelle [[Zelt]] der Nomaden in West- und Zentralasien. Besonders verbreitet ist sie in der [[Mongolei]] und in Kasachstan. Von der Jurte und dem daraus gebildeten Heerlager leitet sich auch die deutsche Bezeichnung [[Horde]] für umherziehende (kriegerische) Völkerschaften ab, wie beispielsweise die Goldene Horde.


== Zentralasien ==
== Zentralasien ==
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[[Datei:Jurtensiedlung.jpg|thumb|Jurtensiedlung am Stadtrand von [[Ulan Bator]] in der [[Mongolei]] (2003)]]
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Die asiatische Jurte ([[Kasachische Sprache|kasachisch]]: ''kigizui''; [[Mongolische Sprache|mongolisch]]: ''ger'') besteht aus einem runden Holzgerüst, das mit Baumwoll- und [[Filz|Filztextilien]] eingedeckt wird. Sie kann meist in weniger als einer Stunde demontiert und wiedererrichtet werden und lässt sich verhältnismäßig klein verpacken, so dass für den Transport einer einfacheren Jurte zwei [[Kamele]] oder ein kleiner [[Geländewagen]] ausreichen.
Die asiatische Jurte ([[Kasachische Sprache|kasachisch]]: ''kigizui''; [[Mongolische Sprache|mongolisch]]: ''ger'') besteht aus einem runden Holzgerüst, das mit Baumwoll- und [[Filz|Filztextilien]] eingedeckt wird. Sie kann meist in weniger als einer Stunde demontiert und wiedererrichtet werden und lässt sich verhältnismäßig klein verpacken, so dass für den Transport einer einfacheren Jurte zwei Kamele oder ein kleiner Geländewagen ausreichen.


=== Mongolische Jurte ===
=== Mongolische Jurte ===
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Die über diesem Gerüst angebrachte Abdeckung besteht aus mehreren Schichten: Zuunterst liegt ein dünnes, helles [[Baumwolle|Baumwolltuch]] als Dachhimmel, darauf eine dicke Lage aus [[Filz|Wollfilz]] zur Wärmedämmung, die ursprünglich auch als wasserdichte Abdeckung diente. Im Winter werden drei oder gar vier Lagen Filz aufgelegt. Heute wird zur Abdichtung als dritte Schicht ein imprägniertes [[Segeltuch]] verwendet. Häufig wird darüber noch ein dünnes helles Tuch gelegt, überwiegend aus gestalterischen Gründen, teils mit aufgenähten farbigen Mustern. Um die Jurte werden zwei oder drei horizontale Seile gezurrt, ebenso einige Seile schräg über das Dach, so dass eine selbsttragende, stabile Konstruktion entsteht. Die Öffnungen der Krone können über ein langes Seil mit einem dreieckigen Segeltuch ganz oder teilweise geschlossen werden. Die unteren Ränder können im Sommer hochgeschlagen werden, um ein angenehmes Raumklima herzustellen. Von der Krone hängt ein Seil herab, an das bei Sturm ein schwerer Gegenstand (z.B. Sack) gehängt wird, um die Jurte durch ihr dadurch vergrößertes Eigengewicht zu stabilisieren und festzuhalten.
Die über diesem Gerüst angebrachte Abdeckung besteht aus mehreren Schichten: Zuunterst liegt ein dünnes, helles [[Baumwolle|Baumwolltuch]] als Dachhimmel, darauf eine dicke Lage aus [[Filz|Wollfilz]] zur Wärmedämmung, die ursprünglich auch als wasserdichte Abdeckung diente. Im Winter werden drei oder gar vier Lagen Filz aufgelegt. Heute wird zur Abdichtung als dritte Schicht ein imprägniertes [[Segeltuch]] verwendet. Häufig wird darüber noch ein dünnes helles Tuch gelegt, überwiegend aus gestalterischen Gründen, teils mit aufgenähten farbigen Mustern. Um die Jurte werden zwei oder drei horizontale Seile gezurrt, ebenso einige Seile schräg über das Dach, so dass eine selbsttragende, stabile Konstruktion entsteht. Die Öffnungen der Krone können über ein langes Seil mit einem dreieckigen Segeltuch ganz oder teilweise geschlossen werden. Die unteren Ränder können im Sommer hochgeschlagen werden, um ein angenehmes Raumklima herzustellen. Von der Krone hängt ein Seil herab, an das bei Sturm ein schwerer Gegenstand (z.B. Sack) gehängt wird, um die Jurte durch ihr dadurch vergrößertes Eigengewicht zu stabilisieren und festzuhalten.


In der Mitte der Jurte steht ein kleiner Herd (anstelle des früher üblichen offenen Feuers), dessen Ofenrohr durch die Krone ragt, ohne die Stoffabdeckung zu berühren, und ein niedriger Esstisch. Am Rand stehen Betten, die tagsüber als Sitzgelegenheit dienen, und ein oder zwei Kommoden. Seit neuestem findet sich vor mancher Jurte auch ein [[Solarmodul]]. Für den Transport einer solchen komfortableren Jurte wird ein Lkw bestellt.
In der Mitte der Jurte steht ein kleiner Herd (anstelle des früher üblichen offenen Feuers), dessen Ofenrohr durch die Krone ragt, ohne die Stoffabdeckung zu berühren, und ein niedriger Esstisch. Am Rand stehen Betten, die tagsüber als Sitzgelegenheit dienen, und ein oder zwei Kommoden. Seit neuestem findet sich vor mancher Jurte auch ein Solarmodul. Für den Transport einer solchen komfortableren Jurte wird ein Lkw bestellt.


Die robuste mongolische Jurte mit geraden Dachstangen und zwei Mittelpfosten ist eine relativ moderne Form. Die ältere und leichtere Bauform mit über der Wand nach innen gebogenen Dachstangen ist außerhalb der [[Mongolei]] (z. B. [[Kasachstan]], [[Kirgisistan]]) weiterhin in Gebrauch. Bei noch älteren Formen war die Öffnung in der Mitte nicht durch eine flache Krone abgeschlossen, sondern zylinderförmig nach oben aufgestülpt. Die dadurch erzeugte Kaminwirkung half mit, den Rauch der offenen Feuerstelle abzuführen.
Die robuste mongolische Jurte mit geraden Dachstangen und zwei Mittelpfosten ist eine relativ moderne Form. Die ältere und leichtere Bauform mit über der Wand nach innen gebogenen Dachstangen ist außerhalb der Mongolei (z. B. Kasachstan, Kirgisistan) weiterhin in Gebrauch. Bei noch älteren Formen war die Öffnung in der Mitte nicht durch eine flache Krone abgeschlossen, sondern zylinderförmig nach oben aufgestülpt. Die dadurch erzeugte Kaminwirkung half mit, den Rauch der offenen Feuerstelle abzuführen.


Die Jurte spiegelt in ihrer Einrichtung die soziale und die spirituelle Ordnung der in ihr lebenden Menschen wider. Jedem Familienmitglied ist sein Platz und sein Wirkungsbereich in der Jurte genau zugewiesen. Raumaufteilung und Ausstattung sind hoch optimiert, um bei dem begrenzten Raum und den teils extremen klimatischen Bedingungen Kochen, Arbeiten, Wohnen und Schlafen zu ermöglichen. Eine Vielzahl von Verhaltensregeln ist zu beachten. Die einfacheren verlangen, dass man eine Jurte mit dem rechten Fuß betritt ohne die Schwelle zu berühren, sich im Inneren nicht länger als notwendig stehend aufhält und sich nicht zwischen den beiden Pfosten bewegt.   
Die Jurte spiegelt in ihrer Einrichtung die soziale und die spirituelle Ordnung der in ihr lebenden Menschen wider. Jedem Familienmitglied ist sein Platz und sein Wirkungsbereich in der Jurte genau zugewiesen. Raumaufteilung und Ausstattung sind hoch optimiert, um bei dem begrenzten Raum und den teils extremen klimatischen Bedingungen Kochen, Arbeiten, Wohnen und Schlafen zu ermöglichen. Eine Vielzahl von Verhaltensregeln ist zu beachten. Die einfacheren verlangen, dass man eine Jurte mit dem rechten Fuß betritt ohne die Schwelle zu berühren, sich im Inneren nicht länger als notwendig stehend aufhält und sich nicht zwischen den beiden Pfosten bewegt.   


[[Datei:Chinesische_Mauer_(Ortelius_1584).jpg|thumb|left|Mongolische Jurten, Detail der Karte von [[Abraham Ortelius]] (1584)]]
[[Datei:Chinesische_Mauer_(Ortelius_1584).jpg|thumb|left|Mongolische Jurten, Detail der Karte von Abraham Ortelius (1584)]]
Auch heute noch haben Jurten in der [[Mongolei]] eine große Bedeutung; nicht nur die Nomaden, sondern auch Teile der städtischen Bevölkerung leben für einen Teil des Jahres oder ganzjährig in der Jurte, die im Winter teils wärmer ist als die Häuser. Für Veranstaltungszwecke gibt es gelegentlich große Jurten für dreißig und mehr Personen und entsprechend aufwendigere Einrichtung, die aber den gleichen Konstruktionsprinzipien folgen. Auch an heißen Sommertagen lässt sich in diesen Jurten durch Hochbinden der Seitenwände ohne jegliche Klimaanlage ein durchaus angenehmes Raumklima herstellen. Für Touristen gibt es Jurten-Hotels, in denen etwas größere Jurten z.B. als Zweibettzimmer ausgestattet sind und eine sehr große Jurte als Speiseraum dient.
Auch heute noch haben Jurten in der Mongolei eine große Bedeutung; nicht nur die Nomaden, sondern auch Teile der städtischen Bevölkerung leben für einen Teil des Jahres oder ganzjährig in der Jurte, die im Winter teils wärmer ist als die Häuser. Für Veranstaltungszwecke gibt es gelegentlich große Jurten für dreißig und mehr Personen und entsprechend aufwendigere Einrichtung, die aber den gleichen Konstruktionsprinzipien folgen. Auch an heißen Sommertagen lässt sich in diesen Jurten durch Hochbinden der Seitenwände ohne jegliche Klimaanlage ein durchaus angenehmes Raumklima herstellen. Für Touristen gibt es Jurten-Hotels, in denen etwas größere Jurten z.B. als Zweibettzimmer ausgestattet sind und eine sehr große Jurte als Speiseraum dient.


Die mongolische Jurte ist hervorragend an die klimatischen Verhältnisse des Landes mit den extremen Temperaturunterschieden angepasst. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie in einem niederschlagsarmen Land in der Regel in Höhenlagen über 1000 m mit entsprechend dünner und meist trockener Luft und häufigen Winden steht.  
Die mongolische Jurte ist hervorragend an die klimatischen Verhältnisse des Landes mit den extremen Temperaturunterschieden angepasst. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie in einem niederschlagsarmen Land in der Regel in Höhenlagen über 1000 m mit entsprechend dünner und meist trockener Luft und häufigen Winden steht.  


Auf der berühmten Chinakarte des Kartographen [[Abraham Ortelius]] aus dem Jahre 1584 sind mehrere mongolische Jurten dargestellt. Diese (nach Westen ausgerichtete) Karte ist die erste im Abendland veröffentlichte Detailkarte Chinas.
Auf der berühmten Chinakarte des Kartographen Abraham Ortelius aus dem Jahre 1584 sind mehrere mongolische Jurten dargestellt. Diese (nach Westen ausgerichtete) Karte ist die erste im Abendland veröffentlichte Detailkarte Chinas.


=== Kasachische Jurte ===
=== Kasachische Jurte ===
[[Datei:Gorskii 04412u.jpg|thumb|Frau in festlicher Kleidung vor kasachischer Jurte (Fotografie von [[Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski]], 1911)]]
[[Datei:Gorskii 04412u.jpg|thumb|Frau in festlicher Kleidung vor kasachischer Jurte (Fotografie von [[Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski]], 1911)]]
Die kasachische Jurte folgt zwar den gleichen Bauprinzipien, unterscheidet sich aber von der modernen flachen mongolischen Jurte durch höhere Seitenwände, Dachstangen, die mit gebogenen Enden an den Wänden befestigt sind und steiler zur Krone aufsteigen. Die Jurte hat dadurch runde Schultern und ein steileres, höheres Dach. Die äußere Abdeckung besteht meist aus einem beigen oder grauen Stoff. Die ''Shangrak'' genannte Krone ist in der Regel durch mehrere, sich rechtwinklig kreuzende dünne Stangen unterteilt. Das [[Wappen Kasachstans]] zeigt ein stilisiertes Shangrak.
Die kasachische Jurte folgt zwar den gleichen Bauprinzipien, unterscheidet sich aber von der modernen flachen mongolischen Jurte durch höhere Seitenwände, Dachstangen, die mit gebogenen Enden an den Wänden befestigt sind und steiler zur Krone aufsteigen. Die Jurte hat dadurch runde Schultern und ein steileres, höheres Dach. Die äußere Abdeckung besteht meist aus einem beigen oder grauen Stoff. Die ''Shangrak'' genannte Krone ist in der Regel durch mehrere, sich rechtwinklig kreuzende dünne Stangen unterteilt. Das Wappen Kasachstans zeigt ein stilisiertes Shangrak.


Nachdem die kasachische Bevölkerung in den Jahren 1930 zwangsweise sesshaft wurde, dient die kasachische Jurte auch nicht mehr als ganzjährige Wohnung, sondern nur noch im Sommer als Unterkunft während der Weidewanderungen.
Nachdem die kasachische Bevölkerung in den Jahren 1930 zwangsweise sesshaft wurde, dient die kasachische Jurte auch nicht mehr als ganzjährige Wohnung, sondern nur noch im Sommer als Unterkunft während der Weidewanderungen.


== Moderne Jurten in Nordamerika und Europa ==
== Moderne Jurten in Nordamerika und Europa ==
In den späten sechziger Jahren entstand in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] die Bewegung der [[Yurt People]] um Bill Coperthwaite, die den Aufbau der traditionellen Jurten übernommen haben, aber moderne Materialien einsetzten. Aus der Bewegung entstanden dann mehrere Firmen, die Jurten im modernen Stil, zum Teil mit vollem Komfort wie Küche und Bad, entwickelten.
In den späten sechziger Jahren entstand in den Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika die Bewegung der Yurt People um Bill Coperthwaite, die den Aufbau der traditionellen Jurten übernommen haben, aber moderne Materialien einsetzten. Aus der Bewegung entstanden dann mehrere Firmen, die Jurten im modernen Stil, zum Teil mit vollem Komfort wie Küche und Bad, entwickelten.


In den letzten Jahren, mit dem Aufkommen von Dokumentarfilmen aus der Mongolei, aber auch dem sanften Tourismus dort, hat die Jurte nochmals an Popularität gewonnen und so haben sich etliche Jurtenbauer auch in Europa etabliert, die ganzjährig bewohnbare Jurten bauen, die sich auch in unserem europäischen Klima mit höheren Niederschlagsmengen eignen.
In den letzten Jahren, mit dem Aufkommen von Dokumentarfilmen aus der Mongolei, aber auch dem sanften Tourismus dort, hat die Jurte nochmals an Popularität gewonnen und so haben sich etliche Jurtenbauer auch in Europa etabliert, die ganzjährig bewohnbare Jurten bauen, die sich auch in unserem europäischen Klima mit höheren Niederschlagsmengen eignen.


[[Datei:FinishedYurt.jpg|thumb|right|Eine industriell hergestellte Jurte mit synthetischem Deckmaterial.]]
[[Datei:FinishedYurt.jpg|thumb|right|Eine industriell hergestellte Jurte mit synthetischem Deckmaterial.]]
== Ableitungen ==
=== Jurtenhäuser ===
In Anlehnung der Jurte sind auch solide jurtenähnliche [[Haus|Häuser]] entwickelt worden, die sich der Grundgeometrie und Statik der Jurte bedienen, aber eine starre Konstruktion benutzen: die Dachstangen sind in der Holzjurte fest verschraubt und die Wände aus Holzplatten aufgebaut, sie bilden so keinen Kreis, sondern einen polygonalen Innenraum.
=== Jurten in der Pfadfinder- und Jugendbewegung ===
[[Datei:3er-Jurte.jpg|thumb|Drei miteinander verbundene Pfadfinderjurten im Winter]]
[[Datei:Jurtenburg.jpg|thumb|Jurtenburg]]
[[Eberhard Koebel]], eine prägende Figur der [[Bündische Jugend|Bündischen Jugend]], entwarf um 1930 zwei Zelttypen, die bis heute von deutschen [[Pfadfinder]]n, [[Jungenschaft]]ern, [[Wandervogel|Wandervögeln]] und den Angehörigen der [[Bündische Jugend|bündischen Jugend]] verwendet werden. Er nannte sie [[Kohte]] und '''Jurte''', nach Zelt-/Behausungsformen der [[Samen (Volk)|Samen]] und der [[Mongolen]].<ref>http://www.freischar.de/dokumente/z04-1kohte.pdf</ref>
Während die Kohte als Schlafzelt genutzt wird, wird die wesentlich größere Jurte vor allem als Versammlungszelt für Gruppen genutzt. Beide bieten durch ein Rauchabzugsloch die Möglichkeit einer offenen [[Lagerfeuer|Feuerstelle]] in der Mitte.
Eine Jurte mit Feuerstelle bietet ohne weiteres Platz für 15 bis 25 Personen samt Gepäck. Viele Nutzer einer Jurte schlagen tagsüber im Sommer die seitlichen Vierecksplanen hoch, um die Jurte als Sonnendach zu nutzen. Die Jurte kann zum Beispiel halbiert und die beiden Hälften um das Maß von Viereckplanen auseinandergezogen werden. Das Zelt erhält damit eine ovale Form. In das Dach werden rechteckige Planen, sogenannte Oval- oder Theaterplanen, eingesetzt. Die verschiedenen Planen ermöglichen zahlreiche weitere Kombinationen, die als „Jurtenburgen“ bezeichnet werden.
== Quellen ==
<references />
==Siehe auch ==
*[[Flagge Kirgisistans]], [[Wappen Kasachstans]]
*[[Tschum]]
== Weblinks ==
{{Commonscat|Yurts|Jurte}}
{{Wiktionary|Jurte}}
<!--=== Traditionelle Jurten ===-->
=== Pfadfinderjurten ===
* [http://archiv.vcp-recke.de/ Das Schwarzzeltarchiv] - Jurten und Kohten in der Pfadfinder- und Jugendbewegung
* [http://scout-o-wiki.de/index.php/Jurte Weitere Informationen zu Jurten auf Scout-o-Wiki]
[[Kategorie:Mobile Behausung]]
[[Kategorie:Zelt]]<!--beabsichtigete Doppelung: klassische Jurten fallen eher unter Oberkatiegorie, Pfadfinderzelte in die untergeordnete-->
[[Kategorie:Pfadfinderbewegung]]
[[Kategorie:Jugendbewegung]]
[[az:Alaçıq]]
[[be:Юрта]]
[[be-x-old:Юрта]]
[[bg:Юрта]]
[[ca:Iurta]]
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[[fr:Yourte]]
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[[hu:Jurta]]
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[[ja:ゲル (家屋)]]
[[kk:Киіз үй]]
[[ko:유르트]]
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[[mk:Јурта]]
[[mn:Гэр]]
[[nl:Yurt]]
[[no:Jurt]]
[[pl:Jurta]]
[[pt:Yurt]]
[[ro:Iurtă]]
[[ru:Юрта]]
[[sah:Балаҕан]]
[[sk:Jurta]]
[[sr:Јурта]]
[[sv:Jurta]]
[[ta:யூர்ட்]]
[[tr:Yurt (çadır)]]
[[uk:Юрта]]
[[zh:蒙古包]]

Version vom 3. März 2011, 20:38 Uhr

Zwei Jurten in der mongolischen Steppe (1994)

Die Jurte (türkisch: Yurt = Heim) ist das traditionelle Zelt der Nomaden in West- und Zentralasien. Besonders verbreitet ist sie in der Mongolei und in Kasachstan. Von der Jurte und dem daraus gebildeten Heerlager leitet sich auch die deutsche Bezeichnung Horde für umherziehende (kriegerische) Völkerschaften ab, wie beispielsweise die Goldene Horde.

Zentralasien

Mongolische Jurten in einer älteren Bauform, 19. Jahrhundert
Mongolische Jurte in der Gobi
Jurtensiedlung am Stadtrand von Ulan Bator in der Mongolei (2003)

Die asiatische Jurte (kasachisch: kigizui; mongolisch: ger) besteht aus einem runden Holzgerüst, das mit Baumwoll- und Filztextilien eingedeckt wird. Sie kann meist in weniger als einer Stunde demontiert und wiedererrichtet werden und lässt sich verhältnismäßig klein verpacken, so dass für den Transport einer einfacheren Jurte zwei Kamele oder ein kleiner Geländewagen ausreichen.

Mongolische Jurte

Der Holzrahmen einer mongolischen Jurte besteht in der Regel aus mehreren, meist vier oder fünf schulterhohen Scherengittern für die Wand, die auseinandergezogen, aneinander gebunden und zusammen mit dem immer nach Süden weisenden Türrahmen im Kreis aufgestellt werden. In der Mitte tragen zwei etwa zwei bis drei Meter hohe Pfosten die "Krone", einen runden Dachkranz. In Öffnungen am Rand der Krone werden gerade Dachstangen gesteckt und mit dem Wandgitter verbunden. Die Dachstangen haben in der Regel eine Neigung von etwa 30 °. In den Türrahmen wird eine feste, hölzerne Tür eingesetzt anstelle des ehemals üblichen Filzvorhangs. Früher wurde dieses Gerüst auf den Steppenboden gestellt, heute steht es oft auf einem runden Bretterboden. Die Jurte ist jedoch nicht mit dem Boden verankert und auch nicht mittels Zeltschnüren und Heringen befestigt.

Die über diesem Gerüst angebrachte Abdeckung besteht aus mehreren Schichten: Zuunterst liegt ein dünnes, helles Baumwolltuch als Dachhimmel, darauf eine dicke Lage aus Wollfilz zur Wärmedämmung, die ursprünglich auch als wasserdichte Abdeckung diente. Im Winter werden drei oder gar vier Lagen Filz aufgelegt. Heute wird zur Abdichtung als dritte Schicht ein imprägniertes Segeltuch verwendet. Häufig wird darüber noch ein dünnes helles Tuch gelegt, überwiegend aus gestalterischen Gründen, teils mit aufgenähten farbigen Mustern. Um die Jurte werden zwei oder drei horizontale Seile gezurrt, ebenso einige Seile schräg über das Dach, so dass eine selbsttragende, stabile Konstruktion entsteht. Die Öffnungen der Krone können über ein langes Seil mit einem dreieckigen Segeltuch ganz oder teilweise geschlossen werden. Die unteren Ränder können im Sommer hochgeschlagen werden, um ein angenehmes Raumklima herzustellen. Von der Krone hängt ein Seil herab, an das bei Sturm ein schwerer Gegenstand (z.B. Sack) gehängt wird, um die Jurte durch ihr dadurch vergrößertes Eigengewicht zu stabilisieren und festzuhalten.

In der Mitte der Jurte steht ein kleiner Herd (anstelle des früher üblichen offenen Feuers), dessen Ofenrohr durch die Krone ragt, ohne die Stoffabdeckung zu berühren, und ein niedriger Esstisch. Am Rand stehen Betten, die tagsüber als Sitzgelegenheit dienen, und ein oder zwei Kommoden. Seit neuestem findet sich vor mancher Jurte auch ein Solarmodul. Für den Transport einer solchen komfortableren Jurte wird ein Lkw bestellt.

Die robuste mongolische Jurte mit geraden Dachstangen und zwei Mittelpfosten ist eine relativ moderne Form. Die ältere und leichtere Bauform mit über der Wand nach innen gebogenen Dachstangen ist außerhalb der Mongolei (z. B. Kasachstan, Kirgisistan) weiterhin in Gebrauch. Bei noch älteren Formen war die Öffnung in der Mitte nicht durch eine flache Krone abgeschlossen, sondern zylinderförmig nach oben aufgestülpt. Die dadurch erzeugte Kaminwirkung half mit, den Rauch der offenen Feuerstelle abzuführen.

Die Jurte spiegelt in ihrer Einrichtung die soziale und die spirituelle Ordnung der in ihr lebenden Menschen wider. Jedem Familienmitglied ist sein Platz und sein Wirkungsbereich in der Jurte genau zugewiesen. Raumaufteilung und Ausstattung sind hoch optimiert, um bei dem begrenzten Raum und den teils extremen klimatischen Bedingungen Kochen, Arbeiten, Wohnen und Schlafen zu ermöglichen. Eine Vielzahl von Verhaltensregeln ist zu beachten. Die einfacheren verlangen, dass man eine Jurte mit dem rechten Fuß betritt ohne die Schwelle zu berühren, sich im Inneren nicht länger als notwendig stehend aufhält und sich nicht zwischen den beiden Pfosten bewegt.

Mongolische Jurten, Detail der Karte von Abraham Ortelius (1584)

Auch heute noch haben Jurten in der Mongolei eine große Bedeutung; nicht nur die Nomaden, sondern auch Teile der städtischen Bevölkerung leben für einen Teil des Jahres oder ganzjährig in der Jurte, die im Winter teils wärmer ist als die Häuser. Für Veranstaltungszwecke gibt es gelegentlich große Jurten für dreißig und mehr Personen und entsprechend aufwendigere Einrichtung, die aber den gleichen Konstruktionsprinzipien folgen. Auch an heißen Sommertagen lässt sich in diesen Jurten durch Hochbinden der Seitenwände ohne jegliche Klimaanlage ein durchaus angenehmes Raumklima herstellen. Für Touristen gibt es Jurten-Hotels, in denen etwas größere Jurten z.B. als Zweibettzimmer ausgestattet sind und eine sehr große Jurte als Speiseraum dient.

Die mongolische Jurte ist hervorragend an die klimatischen Verhältnisse des Landes mit den extremen Temperaturunterschieden angepasst. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie in einem niederschlagsarmen Land in der Regel in Höhenlagen über 1000 m mit entsprechend dünner und meist trockener Luft und häufigen Winden steht.

Auf der berühmten Chinakarte des Kartographen Abraham Ortelius aus dem Jahre 1584 sind mehrere mongolische Jurten dargestellt. Diese (nach Westen ausgerichtete) Karte ist die erste im Abendland veröffentlichte Detailkarte Chinas.

Kasachische Jurte

Frau in festlicher Kleidung vor kasachischer Jurte (Fotografie von Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski, 1911)

Die kasachische Jurte folgt zwar den gleichen Bauprinzipien, unterscheidet sich aber von der modernen flachen mongolischen Jurte durch höhere Seitenwände, Dachstangen, die mit gebogenen Enden an den Wänden befestigt sind und steiler zur Krone aufsteigen. Die Jurte hat dadurch runde Schultern und ein steileres, höheres Dach. Die äußere Abdeckung besteht meist aus einem beigen oder grauen Stoff. Die Shangrak genannte Krone ist in der Regel durch mehrere, sich rechtwinklig kreuzende dünne Stangen unterteilt. Das Wappen Kasachstans zeigt ein stilisiertes Shangrak.

Nachdem die kasachische Bevölkerung in den Jahren 1930 zwangsweise sesshaft wurde, dient die kasachische Jurte auch nicht mehr als ganzjährige Wohnung, sondern nur noch im Sommer als Unterkunft während der Weidewanderungen.

Moderne Jurten in Nordamerika und Europa

In den späten sechziger Jahren entstand in den Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika die Bewegung der Yurt People um Bill Coperthwaite, die den Aufbau der traditionellen Jurten übernommen haben, aber moderne Materialien einsetzten. Aus der Bewegung entstanden dann mehrere Firmen, die Jurten im modernen Stil, zum Teil mit vollem Komfort wie Küche und Bad, entwickelten.

In den letzten Jahren, mit dem Aufkommen von Dokumentarfilmen aus der Mongolei, aber auch dem sanften Tourismus dort, hat die Jurte nochmals an Popularität gewonnen und so haben sich etliche Jurtenbauer auch in Europa etabliert, die ganzjährig bewohnbare Jurten bauen, die sich auch in unserem europäischen Klima mit höheren Niederschlagsmengen eignen.

Eine industriell hergestellte Jurte mit synthetischem Deckmaterial.