Eine Nacht an der Tankstelle

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Version vom 3. Mai 2021, 21:41 Uhr von Ralph (Diskussion | Beiträge)
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Immerhin, die Frage nach meiner Unterkunft mitten in der Nacht in der Großstadt hat sich gelöst. Ausser der Tankstelle scheint hier nur Landschaft um mich herum zu sein. Für einen Radfahrer mit Zelt und einem intakten Fahrrad also wunderbar, auch wenn es nachts um Drei ist. Wenn da nur nicht der abgerissene Lenker wäre.

Angelockt von dem Spektakel, stehen mittlerweile zwei Tankwarte um mich und mein Fahrrad. Und obwohl wir keine gemeinsame Sprache haben, ist mit deren Hilfe und meinen Bordwerkzeug meine Lenkstang recht schnell repariert. Wir konnten sie ein paar Zentimeter tiefer als vorher wieder fixieren, das ist zwar ungewohnt, aber fahrbar.

Mittlerweile ist es halb Vier und ich wäre reif für den Schlafsack, aber weit gefehlt. Die beiden Tankwarte sind hellwach und ich solle auf jeden Fall noch auf einen Tee in die Tankstelle kommen. Mit dem Wörterbuch aus dem Türkei-Reiseführer und meiner Mittelmeerlandkarte erzähle ich ihnen von meiner Reise. Sie erzählen mir auch was, viel verstehe ich nicht, aber wir haben uns trotz der Sprachbarriere wunderbar unterhalten.

Die Inhalte solcher Gespräche sind auch nicht das Wichtigste, vielmehr zählt das gegenseitige Wohlwollen und Wetschätzung. Auf jeden Fall hatten wir alle unseren Spaß in dieser Nacht. Den einen Tee folgte der nächste, jeder davon fast stärker als der vorhergehende. Die Stunden ziehen vorbei und im Morgengrauen beschließe ich dann endlich mir einen Schlafplatz zu suchen.

Morgens um halb Sechs lege ich mich im Schlafsack ohne Zelt hinter die nächsten Hecke, mein Magen dreht sich, mein Kopf dreht sich. Das war eindeutig zuviel schwarzer Tee. Und Busfahren vertrage ich eigentlich auch nicht. Und prompt fängt es auch noch an zu regnen. Also doch noch schnell das Zelt aufbauen. Endlich schlafe ich ein während draussen ein trüber Tag beginnt. Ich wache erst gegen Mittag wieder auf. Noch schwach auf den Beinen, aber nach einem Frühstück wieder reisebereit mit einem funktionierenden Fahrrad, mache ich mich auf den Weg, um heute noch 142 km durch den Regen zu radeln.