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75 Jahre Jurte - einige Nachträge zur "Schwarzzelt-Forschung"

Zeitung Deutsche Freischar 1/2005

Zeitung Deutsche Freischar,  Titel: Till Gies, Paderborn

Auf der Grundlage einiger Reaktionen zu seinem Artikel "75 Jahre Kohte " schreibt dadarish noch eine Fortsetzung zu diesem und geht dabei insbesondere auf die Entwicklung und Verbreitung der Jurte vor dem zweiten Weltkrieg ein.

Text, Graphiken und Fotos aus: 

75 Jahre Jurte ... von; dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/2005

Nachdem ich in vorangegangenen Ausgaben der ZEITUNG, besonders aber in Nr. 1/2004, die Entstehungsgeschichte und den praktischen Einsatz der bündischen Kohte relativ ausführlich dargestellt habe, möchte ich dieses Mal einige, wie ich hoffe, nicht ganz uninteressante Nachträge anfügen und dabei besonders auch auf die zweite Schwarzzelt-Variante eingehen, auf die Jurte.

Zuvor noch dies: natürlich bin ich nicht im Besitz der gesamten Wahrheit. Verschiedene Leserbriefe und sonstige Beiträge, die in den letzten Heften veröffentlicht wurden, verhelfen uns denn auch zu einem noch differenzierteren Bild über die Verwendung und Verbreitung der Kohte besonders in den 30er Jahren und dann wieder ab 1945. Ich hoffe daher, dass sich Leserinnen und Leser der ZEITUNG in dieser Sache weiterhin zu Wort melden. - Das Thema soll allerdings auch nicht tot geritten werden und bevor die Gefahr allgemeiner Ermüdung droht, bitte ich um deutliche Signale, damit ein rechtzeitiges Ende gemacht werden kann.
Wie aus den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften und anderen Quellen hervorgeht, wird die Kohte, das neue bündische Feuerzelt, ab 1928 in einem Teil der Jugendbewegung ganz allmählich zum Dauerthema. Sie erscheint zunehmend in verschiedenartigen Text- und Bildveröffentlichungen, vermehrt im ´Lagerfeuer´ zwischen Januar 1931 und Juni 1932, besonders dann aber im ´Eisbrecher´ - vom Oktober 1932 an bis Juli 1934 praktisch in jeder seiner Ausgaben, z. T. mehrfach. Danach nimmt die Zahl der Veröffentlichungen ab.
Die Jurte allerdings tritt unter den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften nur im „Eisbrecher" in Erscheinung und dies erst recht spät und nur sehr vereinzelt. Auch die wiederholte genaue Durchsicht der Hefte hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Über diese unerfreuliche Feststellung kann vielleicht ein wenig hinwegtrösten, dass bei dieser nochmaligen Recherche immerhin einige weitere Details zur „Kohten-Forschung" zu Tage traten, auf die ich zunächst eingehen möchte.

Was also findet sich Neues zur Kohte?

In „75 Jahre Kohte - mit der Freischarlilie fing es an" (s. ZEITUNG 1/2004 ) hatte ich über die erste, von ´tusk´ und Gari - mit Hilfe von Lene Ruckwied - geschaffene bündische Kohte geschrieben, ´tusk´ sage leider nichts zu der von ihm getroffenen Farbwahl, hatte aber anhand konkreter Hinweise vermutet, es könnten, neben dem Weiß des Zelttuches, die Farben Schwarz, Zinnoberrot und Kobaltblau gewesen sein. Wie sich jetzt zeigte, hatte sich ´tusk´ sehr wohl zu dieser Sache geäußert, wenn auch an einer etwas verborgenen Stelle, und dort fand ich meine Vermutung bestätigt. Im Eisbrecher, Heft 4 von 1933, S. 96 ff., beginnt ´tusk´ einen über mehrere Nummern hinweg fortgeführten Aufsatz mit dem Titel „Die ersten Kapitel einer jungen Bewegung". Er setzt sich in diesem Text mit der Entstehung und Entwicklung der dj.1.11 auseinander und behandelt dabei u. a. seinen Konflikt mit der Bundesführung der damaligen Deutschen Freischar. An anderer Stelle geht er aber auch auf die erste (prototypische) bündische Kohte ein und auf das Kollenburg-Lager von 1928, auf dem sie das erste Mal in einem größeren Rahmen gezeigt wurde.

Die Ur-Kohte an der Ostsee 1928

Die Ur-Kohte an der Ostsee 1928

Foto aus: Eberhard Köbel und Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des "Pfadfinder", Heft 1, Atlantis-Verlag Berlin-Zürich 1931, Seite 7 

Dazu schreibt er auf S. 97 f. Folgendes: „Nach dem Osterlager bauten wir eine Kohte aus farbigem Segeltuch und Bambusstäben. Zwar reichte sie an eine echte Lappenkohte nicht heran. Aber als wir sie rot, weiß, blau, schwarz in der Sonne stehen sahen, oder abends um ihr Feuer hockten, waren wir stolz. Die einzelnen Teile benannten wir lappisch: puaschu, schalju, otoris. Auch setzten wir uns auf die Beine, wie es die Lappen tun, und nicht auf den Hintern, wie die Ungewohnten. Tage werden kommen, an denen Kohtendörfer rauchen. ... Einmal, die Sonne brannte und der weiße Staub blendete, fuhr ich mit Zäpfel auf dem Motorrad ins Maintal, um einen Sommerlagerplatz zu suchen. Wir fanden eine alte Burg hoch über dem Main, grasbewachsen mit Kellern, Türmen, Brücken. Kein besserer Platz für ein Jungenlager ist denkbar! Wir beschrieben ihn in den „Briefen an die schwäbische Jungenschaft!" Wochen später rückten die Kolonnen durchs Burgtor, in einheitlicher Tracht, kraftgeladen, diszipliniert. Das waren gesegnete Tage! Abends saßen wir in unserer Kohte. Sie leuchtete wie ein Lampion. Auf dem Turm stand regungslos die Wache: ein Bub mit Speer und Messer. Drunten auf dem Main zogen Schleppzüge mit kleinen Lichtern."
(Bei „Zäpfel", mit dem zusammen ´tusk´ diesen Sommerlagerplatz suchte und fand, handelt es sich um Walter Kern, den damaligen „Führer der Schwäbischen Jungenschaft in der Deutschen Freischar". Im Herbst kam es zwischen beiden zu einem von ´tusk´ provozierten Konflikt um die Führungsfrage, in dessen Folge der Gau Schwaben geteilt wurde. ´Tusk´ übernahm Schwaben II als Gauführer.)
Als die Kohte dann ab Februar 1931 bei Tadep aus der Serienfertigung angeboten wurde - zunächst exklusiv „nur auf Bezugsschein von dj.1.11" - da war sie bekanntlich nicht bunt, sondern aus schwarzem Tuch. Ihre öffentliche Premiere hatte diese Serien-Kohte auf dem „Sühnelager" der dj.1.11 zu Ostern 1931 in Österreich (s. u.). ´Tusk´ schreibt dazu in seinem Bericht über „Das große Lager": „Ich sah die Reihe der schwarzen Pyramiden ... das war geschafft! Wir hatten im Winter eine Kohtenkonstruktion erfunden, die sich bewährte. Die schwarzen Tücher, aus denen eine Kohte besteht, werden jetzt serienweise hergestellt." Auf einem Foto in „Versuche über Eberhard Koebel" (s. u.) sind vier Kohten zu sehen, zwei bereits mit Ornamentstreifen. - Später, ab dem Eisbrecher Nr. 10, Juli 1933, inserierte das ´Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jugendbünde´ (Plauen im Vogtland) vorgefertigte Ornamentstreifen zur individuellen Gestaltung als Kohtenzubehör in den Farben „silbergrau, rot, hellblau oder stahlblau".
Zwei Nummern später verkündet die „Anschlagsäule", die Nachrichtenseiten des Eisbrecher: „Ausbildungshefte: Allzeit bereit. Der Verlag Günther Wolff gibt ausgezeichnete technische und kulturelle Ausbildungshefte heraus. ... Soeben erschien das Heft: Die Tuchkohte von tusk, das alles Wissenswerte über Geschichte, Aufbau und Pflege der Kohte und ihrer Kultur enthält." Am Ende dieser Eisbrecher-Ausgabe findet sich zusätzlich die Anzeige: „Soeben erschienen: Die Tuchkohte von tusk als Ausbildungsheft 62, Preis: 20 Pfg. Verlag Günther Wolff / Plauen i. V."
Der Eisbrecher erschien in allen seinen Ausgaben, beginnend mit der ersten Nummer im Oktober 1932 bis zu seinem Verbot durch die NS-Machthaber nach dem Juni-Heft 1935, im Verlag Günther Wolff. - Das ´Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jugendbünde´ gehörte ebenfalls zum Verlag Günther Wolff und daher verwundert es nicht, dass beide Unternehmen regelmäßig im Eisbrecher inserierten. So verkündet die „Anschlagsäule" im Eisbrecher Nr. 4, Heuert (Juli) 1934 auf S. 127 folgenden Hinweis: „Kohtengestelle. Endlich hat unser Rüsthaus jetzt ein Kohtengestell konstruiert, was allen Anforderungen genügen dürfte. Zunächst sei vorausgeschickt, daß beim Aufbau der Kohte stets dem Holz des Waldes der Vorzug gegeben werden soll. Das fertige Kohtengestell soll nur dann Verwendung finden, wenn mit Rücksicht auf landschaftliche Verhältnisse oder Mangel an Baugerät sich die Mitnahme fertiger Stangen nötig macht. Für das Gestell verwenden wir ganz starke Bambusstangen mit etwa 35-40 mm Durchmesser. Diese Stangen haben sich als überaus haltbar bewährt, sie können gleichzeitig auf Fahrt gut als Wimpel- und Fahnenstangen verwandt werden, die Stäbe sind von uns sauber ausgezapft. Es kommen nur ausgesuchte einwandfreie Bambusstäbe zur Verarbeitung. Wer ein Kohtengestell bestellen will, muß uns eine genaue Zeichnung mitsenden, aus der die Größe des Rauchloches sich ergibt (gemessen an den oberen Oesen). Wir haben aus verschiedenen Gründen seit Pfingsten eine neue Konstruktion der Kohtenstücke vorgenommen, sodaß die Kreuze die wir jetzt herstellen, nur zu den Kohten passen, die erst seit Pfingsten 1934 geliefert sind. Doch können die Gestelle auch für andere Größenverhältnisse besonders angefertigt werden. Das Kohtengestell besteht aus folgenden Teilen: Kohtenkreuz aus Bambusstäben, zwei Kohtenstangen, die mit den zum Aufbau erforderlichen Beschlägen versehen sind. Es wird in zwei Ausführungen geliefert: 1. Kohtenkreuz und zwei unzerlegbare Stangen, Länge der Stangen etwa 3,10 Meter: RM. 7,50. 2. Kohtenkreuz und zwei zerlegbare Stangen. Jede Stange ist zweiteilig und wird beim Aufbau durch Messinghülsen verbunden. Länge der einzelnen Teile etwa 1,60 Meter: RM. 8,50."
Ein ganz ähnliches Angebot war bereits mehr als drei Jahre vorher zumindest vorbereitet worden. In der „dj.1.11 Zeitung" RAKETE vom 3. Februar 1931 ist zum Thema „Verkehr mit Tadep" u. a. zu lesen: „VORBEREITET WERDEN: ... Gesamtes Kohtenzubehör (ausreichend für eine grosse Kohte, aber nicht dringend nötig): Zwei zweigeteilte Stützstäbe aus Bambus; zwei kleine Kreuzstäbe, einer von ihnen mit Gelenk; acht Heringe; Rauchlochverschluss. Preis etwa R.Mk. 10,-" - Ob dieses Angebot aber auch tatsächlich von Tadep realisiert und von den dj.1.11-Gruppen akzeptiert wurde, konnte ich nicht feststellen. In den Zeitschriften findet sich dafür kein Hinweis. Inwieweit dann später das Angebot des Sankt Georg Rüsthauses Zuspruch fand, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis.
(Die RAKETE war übrigens eine sehr einfach gemachte „Eilzeitschrift" im Postkartenformat DIN A6, ausnahmsweise auch im Format DIN A4, die ab November 1930 zweimal wöchentlich herauskam. - Der Ausrüster Tadep fungierte am Beginn der 30er Jahre als „amtliches Vertriebsamt" von dj.1.11.)
Ich hatte in ZEITUNG 1/2004 bezweifelt, dass die Kohte bereits in den 30er Jahren „ihren Siegeslauf" (Schnauz) antreten konnte und eher eine relativ geringe Verbreitung angenommen. Die oben zitierten Anzeigen im Eisbrecher belegen immerhin eine Ausweitung des Themas Kohte sowie eine gewisse Fortentwicklung des Zeltmaterials und des Zubehörs und deuten damit zumindest auf einen gewissen Verkaufserfolg hin. Käufer und Nutzer der Kohte dürften nach dem Verbot der freien Jugendbünde im Juni 1933 allerdings überwiegend bündisch orientierte Gruppen des Jungvolkes (in der HJ) und der noch nicht verbotenen konfessionellen Jugendbünde/-verbände gewesen sein. ´Zeko´ (Eckard Holler/ Tübingen), Arno Klönne (Paderborn) und Hans-Christoph Schöll (Heidelberg) haben in ihren verschiedenen Äußerungen zu diesem Thema bereits darauf hingewiesen (s. in den drei Ausgaben der ZEITUNG von 2004).

Und was kann zur bündischen Jurte gesagt werden?

´Zeko´, der sich intensiv mit der Biografie ´tusks´ beschäftigt und dazu auch selbst veröffentlicht hat, vertritt die Auffassung, das große Gemeinschaftszelt auf dem so genannten „Sühnelager" der dj.1.11 könne als eine Art Urform der bündischen Jurte angesehen werden. Dieses Zelt war allerdings sehr viel größer und aus insgesamt 128 der damals noch üblichen Militär-Viereckbahnen zusammengesetzt. Das „Sühnelager" wurde zu Ostern 1931 am Traunsee im Salzkammergut in Österreich mit ca. 300 Teilnehmern auf einem relativ kleinen Lagerplatz durchgeführt. Das „große Zelt" sollte bei schlechtem Wetter und für das Lagerprogramm allen Teilnehmern gemeinsam Platz bieten und in ihm wurde auch geschlafen. Es besaß ein großes Rauchloch, so dass in ihm ein Feuer brennen konnte. Damit wies es nach ´zekos´ Auffassung alle konzeptionellen Grundmerkmale der bündischen Jurte auf.

Das große Zelt auf dem Sühnelager 1931

Das große Zelt auf dem Sühnelager 1931

Foto aus: Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des "Pfadfinder", Heft 5, Atlantis-Verlag Berlin Zürich 1931, Seite 7

Innenansicht des großen Zeltes auf dem Sühnelager

Innenansicht des großen Zeltes auf dem Sühnelager

Foto aus: Der Eisbrecher - Monatszeitschrift der Jungen, Heft 1 (Oktober), Verlag Günther Wolff zu Plauen i.V. 1932, Seite 19 


Die bündische Jurte in ihrer noch heute gültigen Form entstand aber prinzipiell gleichzeitig mit der bündischen Kohte, also schon vor dem „Sühnelager". Ernst Voos beschreibt den Zusammenhang in seinem Bericht über die Entwicklung der Serienkohte im Jahr 1930 so (s. ZEITUNG 1/2004, S. 12 ): „Es schien mir nötig zu sein, daß das Kohtenstück die gleiche Kantenlänge und den gleichen Knopfabstand hat wie die übliche Zeltbahn, so daß beide kombiniert werden konnten.

Typische Zelte aus Viereckplanen

Typische Zelte aus Viereckplanen

Foto aus: Deutsche Freischar (Herausgeber): die Jungenschaft, Heft 4 (April), Ludwig Voggenreiter Verlag Potsdam 1931, Seite 15 

Daraus entstand später die Jurte (Sühnelager)." - Der Hinweis auf das Sühnelager ist von Ernst Voos leider nicht erläutert worden. Eine Jurte der uns bekannten Form hat dort nach meinem Wissen nicht gestanden.
Wie ich am Anfang dieses Berichts bereits feststellte, tritt die Jurte in den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften nicht bzw. fast gar nicht in Erscheinung. Als das Thema aber das erste Mal im Eisbrecher auftaucht - recht spät, im Heft 12 vom September 1933 - da geschieht dies reichlich unverhofft. Auf S. 314 ff. ist der Bericht „Ein Lager an der Nordsee" abgedruckt und hier heißt es auf S. 316: „Die andre Nacht war aufpeitschende Rede. Der Sturm kam von draußen übers Meer gereist, jagte die Wellen vor sich her, rannte über den Strand, raste die Dünen hinauf, fing sich dort oben und stürzte sich hinunter auf unsere Jurte (Siehe Zeichnung!). Aber da lag die „technische Nothilfe" in Uniform und Stiefeln. Sie sind am Ziehen, Herr Sturm, dann kommen wir. Aber der Sturm brüllte nur. Brechen Sie uns doch ein Spannseil! Knicken Sie eine Stützstange! Zerreißen Sie ein Kohtenstück! Fast alle schliefen in der Jurte. Der Puaschu fasste die ganze „Teno"."
Auf den Fotos zu diesem expressionistisch anmutenden Bericht über das „Osthanglager" der dj.1.11 auf der Insel Langeoog im Juli 1933 ist keine Jurte zu sehen, wohl aber einmal (S. 319) die Kollenburg-Kohte (s. o.). Allerdings findet sich auf S. 323 des Heftes eine gute grafische Darstellung einer Jurte. Darauf war in dem Bericht „(Siehe Zeichnung!)" hingewiesen worden. Sie ist nebenstehend abgebildet und dürfte vielen bekannt sein, denn sie ist bis in die neuere Zeit bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder als Illustration verwendet worden.

Jurten-Grafik

Jurten-Grafik

aus: dj.1.11 (Herausgeber): Der Eisbrecher - Monatszeitschrift der Jungen, Heft 12 (September), Verlag Günthe Wolff zu Plauen i.V. 1933, Seite 323 


Nach diesem fulminanten Auftakt zum Thema folgt erst mal nichts weiter. Ab Heft 16, Januar 1934 und dann fast fortlaufend bis Nr. 7 (Neue Folge), Oktober 1934, inseriert aber das Sankt-Georg-Rüsthaus in aufwendigem Stil für Kohtenmaterial in zwei Qualitäten - u. a. für „Sechs Kohtenstücke RM 100,-" - und zusätzlich für: „Schwarze Zeltbahnen. Zeltbahnen genau nach deutschem Heeresmodell, jedoch in noch kräftigerem Stoff, 165x165 cm groß, einzeln RM 9,50." (s. die Anzeige in ZEITUNG 1/2004, S. 19).
Wer sich auskennt weiß, dass es sich hierbei um die noch heute verwendeten (kleinen) Jurtenbahnen handelt. Ernst Voos (s. o.) hatte ja bereits die Erweiterung der Serien-Kohte unter Verwendung von sechs „Kohtenstücken" und zwölf der „üblichen Zeltbahnen" zur Jurte vorbedacht. - Die Anzeige des Rüsthauses enthält allerdings keinerlei direkten Hinweis auf diese Form des Schwarzzeltes.
Es gibt dann, soweit ich es erkennen kann, noch drei weitere konkrete Aussagen zum Gebrauch der Jurte in bündischen Gruppen dieser Zeit. Zwei davon finden sich im Eisbrecher-Heft Nr. 2 (Neue Folge) vom Mai 1934. In dieser Ausgabe verkündet „Die Anschlagsäule" auf S. 59: „Kohtenformen. In diesem Heft zeigen wir das Bild einer Jurte, einer Zeltkonstruktion aus Zeltbahn und Kohtenstück. Das läßt die Frage auftauchen: welche Zeltformen können überhaupt mit Kohtenstücken gebaut werden? Wenn man zu zweit oder dritt auf Trampfahrt ist, kann man aus ein, zwei oder drei Kohtenstücken Behelfszelte bauen. Drei Kohtenstücke geben eine hohe und schmale Kohte, schornsteinförmig. Aus zwei bauen wir die sogenannte „Lokomotive" (dabei werden die beiden Grundseiten der Kohtenstücke, die aus zwei Zeltbahnlängen bestehen, zusammengeknöpft, sodaß eine Art Firstzelt entsteht). Aus einem Stück kann ein Zelt für einen Mann gebaut werden. Ob noch andere Großzeltkonstruktionen aus Kohtenstücken und Zeltbahnen möglich sind?"

Jurten-Foto aus dem Eisbrecher 2/1934

Jurten-Foto

aus: Der Eisbrecher - eine Jungen-Monatszeitschrift im Verlag Günther Wolff zu Plauen i.V., Heft 2 (Mai) 1934, S.64 

Dieses „Bild einer Jurte" (vom „Osthanglager" 1933 der dj.1.11 auf Langeoog, s. o.) findet sich auf S. 64 des Heftes. Wie es der Farbunterschied zeigt, sind für dieses Zelt offenbar noch nicht die neuen schwarzen Viereckbahnen verwendet worden. Für uns ungewohnt ist wohl auch der Aufbau mit nur zwei Jurtenstangen. - Als dieses Foto einer Jurte mit dem Verweis auf das Langeoog-Lager veröffentlicht wurde, befand sich ´tusk´ bereits im Berliner Columbia-Haus in Gestapo-Haft (ab dem 18. Januar 1934). Die Veröffentlichung mit Hinweis auf dj.1.11 war daher für den Verleger Günther Wolff, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits von ´tusk´ getrennt hatte („Neue Folge" des Eisbrecher), nicht ganz ungefährlich.
Den letzten direkten Hinweis auf den Gebrauch einer Jurte fand ich im Heft 8 (Neue Folge) vom November 1934. Hier heißt es in der „Anschlagsäule" ohne Namensnennung „(Aus einem Brief)": „Die schönste Kohtennacht war die am Grumbacher Weiher. Unsere Jurte war der Stolz unseres Lagers. Unsere Zeltmannschaft wurde sehr darum beneidet. Wir freuten uns immer auf das nächtliche Spießbraten und Kachko-Backen."
Der Eisbrecher konnte noch bis zur Ausgaben Nr. 15 (Neue Folge), Juni 1935 erscheinen und wurde dann von den NS-Machthabern verboten. - Die Hefte 13 und 14 der „Neuen Folge" standen mir als einzige leider nicht zur Verfügung, so dass hier eine gewisse Unwägbarkeit besteht. Ob der Gebrauch von Jurten in anderen Jugendzeitschriften der 30er Jahre dokumentiert ist, konnte ich ebenfalls bisher nicht überprüfen. Einen Hinweis darauf erhielt ich von Arno Klönne (s. das Foto und das Gedicht „Jurtenlager" auf S. ...).

Was bleibt zu sagen?

Es hat den Anschein, als habe die Jurte in den 30er Jahren keine besonders große Rolle gespielt. Ob sie in den ersten Jahren der NS-Diktatur im Deutschen Jungevolk (der HJ) oder von den noch nicht verbotenen konfessionellen Bünden benutzt wurde - wie es für die Kohte festgestellt werden kann - entzieht sich meiner Kenntnis. - Eine Ausnahme bildet der Hinweis von Arno Klönne (s. o.). Hier wäre ich für weitere konkrete Hinweise dankbar. Tatsache ist, dass die Bünde der Jugendbewegung in großem Umfang Zeltbauten aus den überall günstig angebotenen „üblichen" Viereckzeltbahnen verwendeten. Die HJ nutzte für ihre Zwecke zunehmend eigene Zeltformen.
Wann die erste bündische Jurte errichtet und benutzt wurde, werden wir wohl auch nicht mehr einwandfrei erfahren können. Konzeptionell und konstruktiv war sie aber schon 1930 präsent (s. o., Ernst Voos). So gesehen, hätte sie - wie die Serien-Kohte auch - in diesem Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum.

Und was noch?

Wer einmal die Kollenburg besuchen möchte, den Ort, wo die erste (prototypische) bündische Kohte „aus farbigem Segeltuch und Bambusstäben" - und mit der Freischarlilie auf der Tür - ihre öffentliche Premiere hatte, der findet sehr konkrete Hinweise in der letzten ZEITUNG (3/2004, S. 33 ff.).
Wer sich für ´tusks´ (niemals abgeschlossenen) Fortsetzungs-Bericht über „Die ersten Kapitel einer jungen Bewegung" interessiert, der kann sie nachlesen in: Fritz Schmidt (Hrsg.): tusk - Gesammelte Schriften und Dichtungen, zweite überarbeitete Auflage, Verlag der Jugendbewegung Witzenhausen 1996, S. 231 ff. In diesem Band ist auch der Bericht über „Das große Lager" (das Sühnelager, s. o.) abgedruckt und u. a. etliche andere wesentliche Beiträge zum hier behandelten Thema, die ursprünglich im Lagerfeuer und im Eisbrecher veröffentlicht worden waren. Weitere Beiträge zu diesem Themengebiet - und zu ´tusk´ und dj.1.11 im Besonderen - finden sich in: Fritz Schmidt (Hrsg.): tusk - Versuche über Eberhard Koebel, Südmarkverlag Witzenhausen 1994. - In diesem Band ist auf der Fotoseite VIII auch das oben angesprochene Kohten-Foto vom „Sühnelager" zu finden.
(Beide Bände im Verlag der Jugendbewegung, Postfach 150330, 70076 Stuttgart - www.jugendbewegung.de/verlag - verlag@jugendbewegung.de)

75 Jahre Jurte ... von; dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/2005